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Wie der Beckenboden Deine Atmung und Haltung beeinflusst



Beckenbodendysfunktionen wie Inkontinenz, Drangproblematiken und Schmerzen sind weit verbreitete Probleme, denen man mit Beckenbodenübungen effektiv entgegenwirken kann. Doch welche anderen Bereiche und Prozesse unseres Körpers werden noch von unserem Beckenboden beeinflusst?


In meinem ersten Beitrag zum Thema Beckenboden erwähnte ich kurz, dass sich der Beckenboden, die Haltung und die Atmung gegenseitig beeinflussen. In diesem Beitrag gehe ich weiter auf dieses wichtige Thema ein und erkläre Dir, was der Beckenboden genau mit unserer Körperhaltung und Atmung zu tun hat.


Atmung und Beckenboden

Der Beckenboden und das Zwerchfell arbeiten zusammen. Wenn wir einatmen, spannt sich das Zwerchfell an und senkt sich nach unten ab. Wenn wir ausatmen, geht es kuppelförmig nach oben, zurück in seine Ursprungsposition. Der Beckenboden macht die gleiche Bewegung: Beim Einatmen entspannt und bewegt er sich leicht nach unten. Bei der Ausatmung geht er in seine Anfangsposition zurück und spannt sich leicht an.



Der «Transversus abdominis» ist einer unserer tiefen Rumpfmuskeln. Er ist der wichtigste «Partner» des Beckenbodens, da er wie auch der Beckenboden zur Stabilität des Rumpfes und der Wirbelsäule beiträgt. Bei einer «normalen» Beckenbodenfunktion kontrahiert dieser Muskel mit, sobald der Beckenboden gezielt angespannt wird. Mit einem starken Transversus und einem starken Beckenboden kann die Aufrichtung des Rumpfes positiv beeinflusst werden.


Wenn wir unsere Bauchmuskeln stark anspannen, erhöht sich der Druck in unserem Bauchraum, welchem der Beckenboden standhalten sollte. Deshalb ist es so wichtig, dass Du beim Beckenbodentraining versuchst, die grossen Bauchmuskeln (M. Rectus abdominis) nicht zu aktivieren. Eine korrekte Beckenbodenkontraktion aktiviert zwar den Transversus, aber nur so stark, dass sich der Druck im Bauchraum nicht erhöht und dies somit keine zu starke Belastung für den Beckenboden darstellt.


Haltung und Beckenboden

Der Beckenboden verbindet Schambein, Steissbein und die beiden Sitzbeinhöcker. Verliert die Beckenbodenmuskulatur an Spannung, kann dies einen Einfluss auf die Position des Beckens haben, was wiederum die Körperhaltung beeinflusst. Durch unsere aufrechte Körperhaltung wirkt sehr viel Druck nach unten auf den Beckenboden. Nur ein gestärkter Beckenboden hält solche Spannungen aus und ermöglicht somit eine gesunde Körperhaltung.


Studien zeigen, dass der Beckenboden, sobald wir aufrecht und in Bewegung sind, automatisch eine gewisse Grundspannung aufweist. Es werden also nicht nur die Atmung und die Kontinenz von der Muskulatur der Bauchhöhle/des Rumpfes unterstützt, sondern sie haben auch einen direkten Einfluss auf die Haltungsfunktion.


Wenn wir stehen, wirkt die gesamte Schwerkraft nach unten auf unseren Körper ein. Da der Beckenboden wie eine Hängematte in unserem Becken liegt und somit aufgrund der aufrechten Körperposition im Stehen mehr arbeiten muss als im Liegen, weist der Beckenboden auch eine geringere Grundspannung im Liegen auf als in allen stehenden Positionen. Schwangere Frauen haben aufgrund des Bauchgewichts oft ein verstärktes Hohlkreuz. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten, wie die Muskulatur am Knochen positioniert ist, arbeitet der Transversus in dieser Position weniger mit und kann somit auch die Beckenbodenaktivität negativ beeinflussen. Ein Hohlkreuz führt deshalb dazu, dass die Grundaktivität im Beckenboden tiefer ist als bei einer gewöhnlichen Körperhaltung. Diese tiefere Grundaktivität der Beckenbodenmuskulatur aufgrund der veränderten Körperhaltung kann dazu führen, dass der Beckenboden von Zeit zu Zeit schwächer wird und sich deswegen Beckenbodendysfunktionen entwickeln können. Dazu kommt, dass wenn wir in einer aufrechten Körperhaltung stehen, die Scheide nicht senkrecht nach unten verläuft sondern leicht nach vorne ausgerichtet ist. Sobald wir jedoch im verstärkten Hohlkreuz stehen und sich das Becken nach vorne kippt, richtet sich auch die Scheide senkrecht nach unten aus und die gesamte Schwerkraft wirkt sich darauf aus. Daher ist es in der Beckenbodentherapie sehr wichtig, nicht nur den Beckenboden als Einzelnes anzuschauen, sondern die ganze Körperstatik miteinzubeziehen.


Bei körperlichen Aktivitäten wie Husten, Niesen, Lachen, Krafttraining oder sonstigen Anstrengungen erhöht sich der Druck in unserem Bauchraum. Da dieser Druck den Weg mit dem geringsten Widerstand sucht, ist hier Beckenbodenaktivität gefragt, um Inkontinenz zu vermeiden. Hier gilt das gleiche Prinzip bezüglich der Körperhaltung: Während körperlicher Aktivität, oder wenn der Beckenboden reaktiv anspannen muss, kann der Beckenboden in gewöhnlicher Körperhaltung mehr Spannung als im Hohlkreuz erzeugen. Wenn Du also beispielsweise hustest, hat Dein Beckenboden dabei eine höhere Muskelaktivität in gewöhnlicher Körperhaltung, als wenn Du im Hohlkreuz stehst.


Husten

Die Beckenbodenmuskulatur sollte während dem Husten, Niesen sowie auch bei Aktivitäten wie Heben, Rennen und Springen «arbeiten». Bei einem normalen Hustenmanöver arbeiten das Zwerchfell, die Bauch- und die Beckenbodenmuskeln zusammen und verhindern bei physiologischer, also normaler Muskelfunktion, den Urinverlust. Auch «The Knack» (siehe Video) hilft, dem Urinverlust deutlich vorzubeugen oder ihn zu kontrollieren. Im Video zeige ich Dir, wie Du «The Knack» zuhause üben kannst. Es empfiehlt sich aber trotzdem noch, dies in der Beckenbodenphysiotherapie mit Deiner Therapeutin zu besprechen.



Durch die Rumpfrotation wird die Flexion (die Beugung) der Wirbelsäule vermindert, was dazu führt, dass der Druck im Bauchraum nicht zu hoch wird. Da das Husten und Niesen sehr spontan passieren, mag es Dir schwerfallen, «The Knack» zu üben. Falls dem so ist, trainiere dies zuerst mit Räuspern (also mit weniger Druck im Bauchraum): Atme ein, spanne den Beckenboden an, und räuspere dann seitlich in Deinen Ellenbogen. Sobald Dir das gelingt, kannst Du dies mit Husten üben.


Bei Frauen ohne Stress Urin Inkontinenz (SUI) kontrahiert der Beckenboden beim Husten adäquat in Zeit und Kraft, sodass die Harnröhre durch den Druck im Bauchraum nicht zu stark nach unten gepresst wird. Bei Frauen mit SUI bewegt sich die Harnröhre aufgrund der geschwächten Beckenbodenmuskulatur stärker nach unten und es kann zum Urinverlust kommen. In diesen Fällen fehlt oft die Reflexaktivität der Beckenbodenmuskulatur, was die Aktivierung verzögert und weniger lang dauert.


Auch wenn Du eine Rektusdiastase hast, also Deine gerade Rumpfmuskulatur auseinanderweicht, ist Deine Bauchmuskulatur abgeschwächt. In diesem Fall kann es Dir beim Husten jeweils helfen, mit Deinem Unterarm leichten Druck auf den Bauch auszuüben, um so die Rumpfmuskulatur zu unterstützen.


Um zu erfahren, wie Du Deinen Beckenboden trainieren kannst, empfehle ich Dir diesen Beitrag

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